<-- zurück

(ca. 6 km)

Von der Kirche Leinstetten führt der Weg über die Glatt und beim Gasthaus "Zur Schlossbrücke" den Sommerberg hoch, dem Wittendorfer Weg folgend, auf den Parkplatz "Unterer Kapf" mit dem weiten Blick ins Glatt-Tal, wo am 17. April 1298 der Minnesänger Graf Albrecht II. von Hohenberg im Kampf um den Machterhalt des Hauses Habsburg den Tod fand. Ein Denkmal in den Kreuzwiesen, unterhalb der Ruine Lichtenfels, erinnert an den berühmten Minnesänger, den Schwager des Königs Rudolf von Habsburg, dem ersten König nach dem Interregnum, der "Kaiserlosen Zeit" (1256-1273).1

Die Gestalter des Leinstetter Jakobusweges unter Leitung von Bernhard Bronner haben sich zur programmatischen Aufgabe gemacht, auf dem "Unteren Kapf" zum Gedenken an den Santiago-Pilger Hans Marx II. von Bubenhofen im Jahre 1550 ein Pilgerkreuz zu errichten, entsprechend dem Eisen-Gipfelkreuz auf dem Rabanal-Pass in Spanien mit seinem Steinhügel - zusammengetragen von den Pilgern. Das Leinstetter Pilgerkreuz wurde im Jahre 1997 eingeweiht. Den Gedenkstein an Hans Marx II. von Bubenhofen schuf Bernhard Bronner.

Der Jakobus-Pilger von 1550 war auch Stifter der Kirche und des Spitals zum Hl. Geist. Kreuz und Stein stehen nun auf dem einstigen Grund und Boden des Stifters, auf einem Grundstück der Spitalpflege.

Auf dem "Oberen Kapf" sind Spuren eines vorgeschichtlichen Walles zu erkennen.2

Bald nach dem Parkplatz verlassen wir bei der Abtshalde und dem Spitalwald (die Stiftung von Hans Marx II. von Bubenhofen) die Markung Leinstetten und betreten Neunecker Grund und Boden. Hier war einst die Markungsgrenze des abgegangenen Ortes "Gayßwang".3 Etwa nach einem Kilometer auf dem unteren L 13-Weg stoßen wir linker Hand auf einen kleinen Brunnen. In diesem Bereich befand sich der Ort Gaiswang. 1632 ist nur noch ein Gaisweiler Hof genannt.4 Kurz darauf erreichen wir an einer Wegkreuzung eine Waldhütte. Hier wurde im 18. Jahrhundert anstelle des abgegangenen Ortes Gaiswang an der Vicinalstraße Leinstetten-Wittendorf der Weiler Schellenberg erbaut. Die württembergische Finanzverwaltung erwarb 1837 die Hofgüter, legte einen Teil derselben als Wald an und verkaufte die dazu gehörigen Gebäude in den Jahren 1840 und 1843 zum Abbruch. Laut Oberamtsbeschreibung Freudenstadt stand 1858 noch ein Hof.5

Hier wandern wir geradeaus. Im Lippbachtal stoßen wir bei der "Hundehütte", einst Pumpstation der Wasserversorgung Wittendorfs, auf den Dornstetter-Dornhaner Weg. Die Abzweigung der Vicinalstraße nach Leinstetten ist im Lagerbuch des Klosters Alpirsbach von 1560 bereits als Leinstetter Weg bezeichnet.6 Die Nord-Süd verlaufende Wegführung von Dornstetten nach Dornhan hat ihre Fortsetzung zum früheren Römerkastell Waldmössingen. Römische Funde liegen vom Bellenstein, nahe der Markunsggrenze Wittendorfs, und von Dornstetten vor. Ein Nachweis für einen vorgeschichtlichen Weg für die Verbindung Dornstetten-Dornhan ist jedoch nicht gegeben.

Außer dieser Nord-Südachse führten zwei überörtliche Verbindungswege von Ost nach West. Der von Neuneck kommende Heerweg mündete beim gewann "Firgel" bzw. "beim Käppele" in die 1560 erwähnte "Landtstraß", 1488 "strauß" genannt [= befestigter Verkehrsweg ohne Häuserreihe] und nahm zunächst ungefähr den heutigen Straßenverlauf durchs Hohenholz (Richtung Loßburg). Diese so genannte Landstraße ist identisch mit dem "alpirsbacher weg".7 Eine nordwestliche Abzweigung des Heerweges weist beim Alamannen-Friedhof am Laiberg, nördlich des "Kalkofens", nach Lombach. Der geradlinige Verlauf Lombach-Neuneck-Oberiflingen lässt den frühmittelalterlichen Kirchweg von Lombach zur Mutterpfarrei Oberiflingen vermuten. Von Neuneck führt eine Abzweigung auch östlich der Wittendorfer Kirche auf den Dornhaner Weg. Die frühere Wegkreuzung Dornstetter-Dornhaner Weg, Neunecker Weg und Heerweg bildete in Wittendorf ein Dreieck, in dessen Mitte die ehemalige Wehrturmkirche steht.8

Unser Weg führt nun, den Ort Wittendorf umgehend, zu den o.g. Gewann-Namen "Firgel" [= Abzweigung] und "beim Käpelle". Leider kennen wir nicht das Patrozinium dieser früheren Kapelle, so dass wir auch nichts über deren Alter aussagen können. Doch der Standort an diesem einst wichtigen Verkehrsnetz (nach Schnait, Wittendorf, Dornstetten, Neuneck, Lombach, Loßburg, Alpirsbach, Dornhan) deutet auf ein hohes Alter. Nicht auszuschließen ist ein Heiligtum schon in vorchristlicher Zeit.

Der Ort Wittendorf, 604 m ü.NN, ist erstmals mit genauem Datum 1143 im Reichenbacher Schenkungsbuch erwähnt. Am Kirchweihtag des Klosters Reichenbach sind zu dieser Zeit von über 600 Gläubigen nur wenige namentlich als Zeugen aufgeführt, darunter auch Hartmuot von Wittendorf. Dieser hatte zuvor große Besitzungen dem Reichenbacher Kirchenpatron St. Gregorius übergeben.9 Hartmuot muss nach alledem ein sehr wohlhabender, einflussreicher Mann gewesen sein.

Der 1991 ausgegrabene Alamannen-Friedhof am Laiberg weist bereits auf eine germanische Besiedlung in der Zeit um etwa 630-680 hin.10 Die bereits erwähnte Wehrturmkirche lässt auf einen wohlhabenden Bauherrn schließen. Die 1,70 m dicken Außenmauern des Kirchturmstumpfes haben im unteren Teil noch keine Zangenlöcher, wie sie für die spätstaufische Zeit nach 1230 typisch sind. Dr. Ottmar sieht in dem Unterteil des Turmes mit seinen grob behauenen Eckquadern eine Bauweise aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts.11 Damit kommen wir der Zeit des Hartmuots, beziehungsweise seiner Nachkommen recht nahe. Der Name Martinskirche lässt eine Vorgängerkirche in der karolingischen Zeit des 8./9. Jahrhunderts vermuten. Die heutige Kirche geht auf das Jahr 1786 zurück. Über dem Kirchenportal ist folgende Inschrift zu lesen:

KIRCH UND THURN VERBRANNTE

d:7.Jul: 1694, mit dem Pfarrhaus und 5.

Burgerhäusern, und den 10.Maj: 1785

mit 7.Burgerhausern, Pastore M:C:F:

Wustero, Boeblingensi.

1786

Bedeutend für die Wittendorfer Geschichte ist das Jahr 1275; denn zu dieser Zeit sind bereits zwei selbständige Pfarreien auf der heutigen Markung des Ortes erwähnt, die Pfarrkirche Wittendorf und die wesentlich besser begüterte Pfarrei Schnait.12 1437 wurde das Kirchlein zu Schnait zum letzten Mal genannt.13 Wir kennen zwar den genauen Standort des ehemaligen Gotteshauses, leider aber nicht sein Patrozinium. Die Pfarrei ist bereits 1451 mit der Wittendorfs vereint, als die Kirchengemeinde das Schnaiter Kirchengut von den Johannitern zu Rexingen erwarb14. Patronatsherren von St. Martin in Wittendorf waren bis 1501 die Herren von Geroldseck (zu Hohengeroldseck), Nachfolger der Grafen von Sulz. Im Jahre 1501 verkauften die Geroldsecker die Herrschaft Loßburg und damit auch Wittendorf an das Kloster Alpirsbach.15 Mit dem Kloster wurde der Ort 1535 württembergisch. In der Zeit von 1535 bis 1538 ließ Herzog Ulrich die Reformation auch im Klosterbereich Alpirsbach einführen. Wittendorf war 1538 bereits evangelisch.16

Im 30-jährigen Krieg wurde Wittendorf durch Krieg und Pest "verödet".17 Aus der Zeit nach diesem Krieg sind große Dorfbrände verzeichnet: 1694 (Kirche und fünf Bauernhäuser), 1702 (Pfarrhaus), 1708 (fünf Bauernhäuser), 1785 (Kirche und sieben Häuser), 1808 (drei Häuser), 1846 (28 Häuser), 1854 (neun Häuser).18 Über den großen Dorfbrand von 1846 und das Geschehen am Ort berichtete ausführlich Schultheiß Beilharz in seiner Schrift: "Dorfgeschichte und Lebenslauf des Schultheißen Friedrich Beilharz von 1853 bis 1905", abgedruckt in: Wittendorf, 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Wittendorf, Horb 1988.

Seit 22. Januar 1974 ist Wittendorf der Gemeinde Loßburg eingegliedert.

__________

1 vgl. Schmid, Ludwig, Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenberg und ihrer Grafschaft, a.a.O., S. 89 bis 

110

2 vgl. Landesdenkmalamt B.-W., Außenstelle Freiburg, Nr. 7517 [Dornhan]

3 vgl. HStAS: A 470, U 586 (anno 1526) und H 129, Bd. 310 (Lagerbuch 1546)

4 vgl. OAB Freudenstadt, S. 274

5 vgl. ebd. S. 273f

6 vgl. HStAS: H 102/2, Bd. 9, fol. 180b (Lagerbuch 1560)

7 vgl. vgl. ebd. fol. 72b und H 102/2, Bd. 6, fol. 108a (Lagerbuch 1488)

8 vgl. Skizze: Mittelalterliche Wege bei Wittendorf

9 vgl. LBSt: Cod. hist. 40, nr. 147, fol. 26a/b und WUB, Bd.2, S. 408f

10 vgl. Wittendorfer Heimatbuch, a.a.O., S. 62-77

11 vgl. Ottmar, Johann, a.a.O., S. 165

12 vgl. EAF: Ha 56, S. 13 und FDA, Bd. 1, S. 52

13 vgl. EAF: Ha 102, S. 76 a und Krebs, Manfred, Die Investiturprotokolle der Diözese Konstanz, a.a.O., S. 766

14 vgl. HStAS: B 43, U 120 und H 218, Bd. 131, fol. 236b-238b

15 vgl. HStAS: A 470, U 513

16 vgl. Glatz, Karl J., a.a.O., S. 132-140 und Regesten S. 380-384

17 vgl. LKAS: A 29/5282, anno 1905, S. 9

18 vgl. OAB Freudenstadt, S. 329

<-- zurück